Bereitstellung von Produktinformationen in Multikanalumgebungen

Produktinformationen müssen in verschiedensten Systemen für einmal geschlossene Verträge die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Tarifbestimmungen berücksichtigen.

Daten

Produktinformationen in Bestandsführungssystemen

Bestandsführungssysteme müssen für einmal geschlossene Verträge die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Tarifbestimmungen berücksichtigen. Das gilt für den vereinbarten Beitrag, die Bedingungen zur Anpassung der Beiträge, wie z.B. ein vereinbarter Index, um steigende Wohngebäudepreise in der Versicherung zu berücksichtigen, oder die Anpassung der Beiträge aufgrund von Schadenwahrscheinlichkeiten. Die Bedingungen sind also festgelegt, die Preise dürfen jedoch gemäß Bedingungen anpasst werden. Sofern es sich um automatisch verlängerte Verträge handelt, oder um langlaufende Verträge, müssen eine Vielzahl von Produktversionen geführt werden, und für die die verschiedenen Bestandsführungsprozesse zur Anwendung kommen. So kam in den Versicherungsbranche der Gedanke eines Produktservers auf, der die Produktinformationen liefert. Ein solcher Produktserver muss dann allerdings spartenspezifisch und systemspezifisch Daten bereitstellen können, und das Bestandsführungssystem muss auch in Batchprozessen effizient auf diese informationen zugreifen. Daher nutzen viele Bestandsführungssysteme eine eigene Produktabbbildung über Tabellen, mit Steuerung der Produktversionen über GültigAb bis GültigBis. Damit ist allerdings nur ein Teil des Problems gelöst, denn für den Vertriebsbereich ist, wenn das Vertriebssystem nicht integraler Bestand eines Bestandsführungssystems ist, diese Produktabbildung nicht verfügbar.

Produktinformationen in Vertriebsinformationssystemen

Die Versicherungswirtschaft hat seit Mitte der 90er Jahre verschiedene Ansätze verprobt und operationalisiert, die Produktinformationen in TAA-Prozessen (Tarifierung, Angebot, Antrag) auch außerhalb des Bestandsführungssystems verfügbar zu machen. So wurden eigene Agentursysteme entwickelt, die für TAA-Prozesse die Produktinformationen bereithalten, parallel dazu wurden Tarifbücher bereitgestellt, damit die entsprechenden Produktinformationen nachgebaut werden konnten. Seit Anfang der 2000er investierten die Versicherer in Maklerportale, die TAA-Prozesse und Anträge zu Bestandsänderungen ermöglichten. Nachteil für die Makler: jedes Maklerportal hatte einen unterschiedlichen Aufbau, unterschiedliche Funktionsumfänge, unterschiedliche Authentifizierungen und Daten blieben auch erstmal nur beim Versicherer, die Rückspielung über GDV-Daten lieferten meist nur unvollständige Informationen. Seit etwa 2010 sind nun auch TAA-Webservices im Einsatz, die zumindest die Tariferung und die Antragseinreichung bei Online-Verbindung verfügbar machen. Hier bliebt auf Seiten des Vertriebspartners noch die Aufgabe der Anbindung solcher Webservices. Mit der BiPRO®-Normierung der TAA-Webservices 420ff ist die Anbindung deutlich vereinfacht worden, da das grundlegende Datenmodell zum einen vereinheitlich wurde, und sich in einer Sparte für die veschiedenen Versicherung eigentlich nur in den versicherungspezifischen Besonderheiten - und spezifische Umsetzungsgestaltungsoptionen - unterscheidet, zum anderen sind einige Dienstleiter am Markt auf die Anbindung von BiPRO®-Webservices spezialisiert. Auch der Druck von Angeboten und Anträgen ist mittlerweiler über Webservices gängige Praxis. Mit diesen Voraussetzungen sind nun auch hochautomatisierte Bestandsänderungsprozesse in Vertriebssystemen möglich, die über Tarifumstellungen u.ä. hinausgehen.

Produktinformationen bei Schadenmeldung und Schadenhilfe

Die Schadenmeldung erfolgt in der Regel über Formulare, früher Druckstücke, heute oftmals auch Web-basierte Formulare. Die Schadenmeldung erfordert Informationen über einen laufenden Vertrag. Auf die Schadenmeldung erfolgt die Schadenprüfung und - bewertung, hier werden wieder Produktinformationen benötigt, ein Schadensystem muss also auf die eingeschlossenen Deckungen, und die zum Vertragsabschluss gültige Bedingungsversion zugreifen können, und die für die Deckungen vereinbarten Selbstbeteiligungen kennen. Bei einer Schadenmeldung müssen die Versicherer auch prüfen, welche Vor-Ort-Unterstützung möglich ist, da hier die Belastung des Versicherten sehr hoch ist. Doch nicht nur der Versicherer muss die Bedingungswerke kennen, auch der Makler, der ja den Vertragsabschluss herbeigeführt, und in der Beratungspflicht steht. Makler müssen hier aus ihrem MVP-System heraus die Bedingungswerke aufrufen können, sei es, indem sie die Dokumente im System hinterlegt haben, oder durch Absprung in die Maklerportale etwas über die BiPRO®-Norm 440. Sofern die Bedingungswerke lokal abgelegt sind, müssen die vereinbarten Bedingungswerke an den Verträgen im MVP-System mitgeführt werden.

Produktinformationen bei Vergleichsrechnern

Vergleicher übernehmen die Aufgabe, eine Vielzahl von Tarifierungen für einen Versicherungsbedarf zu rechnen, und so aufzubereiten, dass sich Endkunden oder Makler umfassend und effizient einen Überblick verschaffen können. Für Endkunden ist ein Vergleich der Bedingungswerke zwar möglich, ist allerdings sehr aufwändig, da Sie die einzelnen Klauseln, Ein- und Ausschlüsse auch im Einzelfall für die verschiedenen Versicherer lesen und die Relevanz im Schadenfall nachvollziehen müssten. Vergleicher bereiten nicht nur das Tarifierungsergebnis auf, sondern stellen auch die o.g. Bedingungswerke, Ein- und Ausschlüsse der Versicherer in einer Vergleichsliste auf. Die Erstellung solcher Vergleiche erfolgt heute noch in Handarbeit, da die Bedingungswerke noch nicht in strukturierter Form übermittelt werden können. Die Tarifierung erfolgt allerdings schon über die BiPRO®-Normen in vereinheitlicher Form, die dafür benötigten Produktinformationen ist über Anbindungsschnittstellen also bereits heute für authentifizierte und autorisierte Dritte zugreifbar.

Wichtige Fragen zur Aktualisierung von Produktinformationen

Der Nachbau von Tarifwerken für maklerspezifische TAA-Bausteine wird für wenig komplexe Baustein wie Privathaftpflicht ggf. auch zukünftig zu finden sein. Hier müssen dann die Anbindungspartner alle fachlichen Informationen erhalten, insbesondere die Tarifierungsinformationen. Da diese natürlich versicherungs-Know-How bedeuten, werden die Versicherer vermehrt zu Black-Box-Tarifierungen greifen. Das erfordert die Online-Fähigkeit der TAA-Komponenten. Agentursysteme werden auch zukünftig aktualisiert, doch auch hier beginnt ein Umdenken. Der Angestelltenvertrieb und die Ausschließlichkeit verlieren an Bedeutung, die Kosten zur Aktualisierung offlinefähiger TAA-Systeme sind nicht gering, da es sich hier ja in der Regel auch um Reproduktion von Produktinformationen innerhalb der Versicherung handelt, und zusätzlich die Maklersysteme nicht im Zugriff der Versicherer sind. Damit steigt für die Versicherer das Risiko, dass Agentursysteme modernisiert werden müssen, und unklar ist, wie lange diese Systeme noch eine relevante Rolle spielen.

Herausforderungen beim Ausrollen neuer Tarifversionen

Die zentrale Bereitstellung von Produktinformationen und Anbindung von Drittsystemen der Vertriebs- und Prozesspartner ermöglicht eine Verminderung der Aufwände zur Aktualisierung bei Tarifanpassung. Typischerweise fallen im KFZ-Bereich regelmäßige Anpassung der Typ- und Regioklassen und der Tariftabellen selbst an. Sofern es neue tarifierungsrelevante oder antragsrelevante Felder sind, ist es jedoch auch heute noch notwendig, die Schnittstellenbelieferung auf der Partnerseite zu aktualisieren.

Bereitstellung von Webservices

Mit der Bereitstellung von Webservices sind Tarifanpassungen deutlich einfacher auszurollen. Im einfachsten Fall greifen neue Tariftabellen. Wenn es sich um neue Annahmerichtlinien handelt, die greifen, müssen die Vertriebspartner jedoch schon wieder ins Boot geholt, da diese die Benutzerschnittstelle programmieren, und Annahmeregeln schon bei der Eingabe überprüfen müssen. Mit der Tendenz, besser zu segmentieren, um risikospezifischer tarifieren zu können, erhalten die Tarifierungskomponenten neue Eingabefelder, die bei den Anbindungspartnern vorgesehen werden müssen. Mit der Bereitstellung von Webservices ist also der neue Tarif nicht automatisch auch ausgerollt. Die Kosten der Aktualisierung und der zeitliche Vorlauf reduzieren sich jedoch.


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